Es ist mal wieder soweit: Die britische Times Higher Education (THE) hat ein Ranking der angeblich weltweit besten 980 Universitäten veröffentlicht, und die SZ berichtet darüber – korrekt muß man sagen: Die SZ weist brav darauf hin. Denn mit kritischem Journalismus hat das nichts, aber wirklich gar nichts zu tun; und das, obwohl die SZ doch für sich in Anspruch nimmt, sich an schlaue Köpfe zu richten. Nun, schlaue Köpfe können dazu eigentlich nur eins sagen: Bockmist.
Wissenschaft, Wissenschaftlichkeit – und der bloße Anstrich derselben
Gehen wir einmal von der Prämisse aus, daß Hochschulen zuvörderst Orte der Wissenschaft sein sollen, an denen Forschung und Lehre blühen und gedeihen können; dafür spricht so einiges, und auch die THE wird sich dagegen kaum verwahren. Viele Voraussetzungen hat echte Wissenschaft tatsächlich nicht, nur sind die in der Praxis nicht immer einfach umzusetzen: Wissenschaft sucht nach neuen Erkenntnissen, und sie tut das methodisch und überprüfbar – Punkt. Das THE-Ranking bemüht sich sehr um einen Anstrich von Wissenschaftlichkeit; so gibt es eine Seite mit Erläuterungen der „methodology“, und nach zwölf Jahren des Rankings werden nun tatsächlich auch endlich Buchveröffentlichungen berücksichtigt, so daß die Geisteswissenschaften überhaupt mal etwas ausmachen können.
Aber: Echte Wissenschaft braucht wie gesagt Überprüfbarkeit, und zwar nicht erst zuletzt. Die Daten, auf denen das Ranking beruht, die macht THE jedoch nicht öffentlich zugänglich; die soll man nur per eMail anfordern können. Warum? Im Jahre 2016 wäre es ein leichtes, die über eine Website öffentlich zu machen. Per Mail danach fragen wird hingegen wird kaum jemand, und genau das ist vermutlich auch beabsichtigt.
Was die SZ für bemerkenswert hält – und was nicht
Die SZ hat darauf nicht hingewiesen. Sie hat auch nicht darauf hingewiesen, daß das Ranking in Kooperation mit Elsevier erstellt wurde, sich nicht zuletzt auf die Veröffentlingsdatenbank „Scopus“ des Verlags stützt und von PriceWaterhouseCoopers „unabhängig überprüft“ wurde. Nun gelten weder Elsevier noch PwC als die reinen Hüter von Forschung und Lehre; im Gegenteil vereiteln gerade die großen wissenschaftlichen Verlagshäuser wie Elsevier mit ihren exorbitanten Gewinnmargen (an die vierzig Prozent: Übertroffen werden dürfte das allenfalls vom Drogenhandel) und entsprechenden Preisen den Wissensaustausch, der existenznotwendig ist für Wissenschaft und Fortschritt. Die SZ hat auch nicht darauf hingewiesen, daß auf der Website des Rankings noch oberhalb der Mail-Adresse für Datenanforderungen etwas anderes steht:
To raise your university’s global profile with Times Higher Education, please contact branding@timeshighereducation.com
Damit dürfte auch klar sein, worum es der THE nicht zuletzt geht mit diesem ach so wunderbaren Ranking: nämlich ganz platt um Werbeeinnahmen.
Auf all das hat die SZ nicht hingewiesen. Das einzige, was ihr bemerkenswert schien: daß Platz eins nicht mehr an die USA geht und daß drei deutsche Hochschulen unter den besten fünfzig sein sollen. Von echtem Qualitätsjournalismus erwarte ich etwas anderes.