Mehr als Punkte hinter Fußnoten:
Zitieren in wissenschaftlichen Texten
Ihre Gedanken sind Ihre Leistung, grundsätzlich Ihr geistiges Eigentum. Daraus folgt zweierlei: Zum einen darf niemand – auch nicht Ihr Prof! – diese Leistung verwenden, ohne deutlich zu machen, daß sie eben von Ihnen stammt. Zum anderen darf niemand Ihre Gedanken als Ihre wiedergeben, sie dabei aber verfälschen. Wunderbar, oder? Das gilt umgekehrt aber genauso für die Gedanken anderer! Und daraus (sowie aus den Prinzipien wissenschaftlicher Methodik) folgen die
Grundregeln wissenschaftlicher Quellennachweise:
Wenn Sie auf Gedanken anderer zurückgreifen (auch wenn Sie deren Gedanken absolut einleuchtend finden und für sich übernehmen!), dann müssen Sie angeben, woher diese Gedanken stammen – immer. Und immer heißt genau das: stets, in jedem Fall, ohne Ausnahme.
Dazu müssen Sie nicht zwangläufig wörtlich zitieren, also in direkter Rede, d. h. in Anführungszeichen (s. dazu unten). Sie dürfen und sollen regelmäßig diese Gedanken in eigenen Worten wiedergeben; nur dürfen Sie sie dabei inhaltlich nicht verfälschen. Sie müssen also wirklich verstehen, was der von ihnen wiedergebene Autor ausgedrückt hat, und das dann selbst ausdrücken. Ja, das ist harte Arbeit, vor allem weil längst nicht alle Autoren klar und verständlich schreiben. Wenn Sie aber nicht verstanden haben, was der Autor sagt, wie können Sie seine Gedanken dann nutzbringend verwenden? Also: Erst verstehen, dann (und nur dann) zitieren.
Wenn Sie einen Autor wörtlich zitieren…
… (d. h. mehr als zwei, nach anderer Ansicht drei Wörter hintereinander von ihm verwenden), dann müssen Sie dieses Zitat in Anführungszeichen setzen. Und mit diesen Zeichen drücken Sie eben auch aus, daß das Zitat exakt so beim zitierten Autor steht, wie Sie es wiedergeben. (Zur Erinnerung: Sie möchten auch nicht falsch zitiert werden, s. o.) Deshalb müssen Sie es absolut korrekt wiedergeben:
- grundsätzlich ohne jede Änderung
(z. B. des Falles), - ohne jede Auslassung
(von Zitatteilen, die für Ihren Zweck ohne Bedeutung scheinen oder gar Ihrem Zweck entgegenwirken, s. dazu unten), - auch ohne jede Korrektur
(z. B. von Rechtschreib- und erst recht von inhaltlichen Fehlern).
Wenn Sie doch ändern müssen…
… (z. B. weil Sie nur einen Satzteil zitieren und der sich sonst nicht grammatikalisch korrekt einfügen läßt) oder auslassen wollen, dann müssen Sie unmißverständlich klar machen, was Zitat ist und was Ihre Änderung. Dazu gibt es folgende Mittel:
Wenn Sie etwas einfügen, etwa einen Großbuchstaben am Satzanfang, ein Genitiv-s oder dergleichen, dann tun Sie das in eckigen Klammern: [hier Ihre Einfügung], innerhalb eines Wortes ohne Leerzeichen, getrennt davon mit Leerzeichen davor bzw. danach. Auch wenn das einen Umweg bedeutet und runde Klammern doch viel einfacher direkt auf der Tastatur zu finden sind: Die sind kein Ersatz! Denn runde Klammern sind eben auch normale Satzzeichen in Texten; es wäre also nicht mehr eindeutig zu erkennen, daß Sie geändert haben.
Wenn in der zitierten Stelle schon Anführungszeichen standen, dann werden diese ersetzt durch einfache Anführungszeichen; dann sieht man, daß es sich um ein Zitat im Zitat handelt.
Wenn Sie aus dem Zitat irgendetwas auslassen (und sei es nur ein Komma!), dann wird das gekennzeichnet durch drei Punkte, auch die wiederum in eckigen Klammern […] – denn sonst könnten sie ja wieder ein normales Satzzeichen sein… Und daß Sie ein Zitat nicht durch Auslassungen sinnentstellend verfälschen dürfen (etwa „Adolf Hitler war ein größenwahnsinniger Massenmörder, gerierte sich aber als großes Genie” verwandeln in „Adolf Hitler war ein […] großes Genie”), das versteht sich von selbst: Denn das dürfen Sie ja auch von anderen im Umgang mit Ihren Aussagen erwarten. Wenn ein Autor nur unter entsprechender Entstellung das Zitat bietet, das Sie brauchen, dann nützt es also nichts: Sie müssen darauf verzichten.
Und wenn Sie zwar nicht ändern wollen, aber klarstellen, daß irgendwelche Fehler wirklich nicht von Ihnen stammen, sondern vom zitierten Autor? Dann fügen Sie ein [sic!] ein: Das heißt „wirklich so”, und jeder (na ja, jedenfalls jeder gebildete Akademiker – aber dazu sollten Ihre Leser ja zählen) sieht, daß Sie den Fehler gesehen haben, aber unglaublich korrekt in der Wiedergabe sind…
Entsprechend sollte Sie spätestens bei der Endüberarbeitung Ihres Textes jeder Fehler in Zitaten stutzig machen: Stammt der wirklich vom zitierten Autor – oder haben Sie bei der Übernahme geschlampt? Da hilft nur kontrollieren, d. h. nochmal im Original nachschauen und ggf. eben jenes [sic!] einfügen. Das kostet Zeit und Nerven, wenn Sie die eigentlich nicht mehr im Übermaß haben. Also besser von vornherein unglaublich penibel zitieren!
Und aus all dieser Genauigkeit ergibt sich auch, daß Sie wörtliche Zitate sparsam einsetzen sollten: nämlich nur dann, wenn es nicht allein um die Wiedergabe eines Gedankens geht, sondern gerade auf den exakten Wortlaut ankommt. Das sollte – da Sie ja die Gedanken aller von Ihnen zitierten Autoren mit allen Finessen und aller Präzision gründlich verstanden und verdaut haben, bevor Sie diese wiedergeben (s.o.) – die Ausnahme sein und nicht die Regel.