Was gute Texte ausmacht, habe ich auf der vorherigen Seite aufgezeigt. Was können Sie nun tun, damit Ihre Texte gut werden? Die folgenden Punkte gelten grundsätzlich für alle Texte.
1. Klingt vielleicht seltsam, ist aber notwendig: Was wollen Sie eigentlich mit Ihrem Text? Sie müssen wissen, was Sie erreichen möchten; denn davon hängt ab, wie der Text aussehen muß. Trotzdem stellen sich erstaunlich viele Schreiber diese Frage nie (und beantworten sie auch nicht). Seien Sie ehrlich zu sich selbst, schummeln hilft hier nichts! Wollen Sie Kunden von den Vorzügen Ihres Produktes oder Ihrer Dienste überzeugen? Gutachter von der Förderungswürdigkeit Ihrer Forschung? Mit einem Bewerbungsschreiben die Einladung zum Vorstellungsgespräch bewirken? Für Ihre wissenschaftliche Arbeit „nur” einen Schein? Oder wollen Sie ernsthaft wissenschaftlich arbeiten, Erkenntnisse gewinnen – und dazu vielleicht noch eine gute Note? Das ist ein großer Unterschied. Und es macht eins deutlich: Ihr Ziel bestimmt Ihren Weg.
2. Wenn Sie wissen, wohin Sie wollen, kommt der nächste Schritt: Wer wird Ihren Text lesen? Denn der Leser ist das Maß allen zielgerichteten Schreibens! Was Ihr Leser versteht und wie er das tut, das bestimmt die Wirkung Ihres Textes. Wenn Sie also mit ihrem Text ein Ziel erreichen wollen, müssen Sie einschätzen können, wie etwas beim Leser ankommt. Und dazu müssen Sie zunächst einmal wissen, wer dieser Leser ist: was er mitbringt an Vorwissen und Bildung, welche Erwartungen er hegt, warum er überhaupt ihren Text liest. Was Sie ihm abverlangen können an Zeit und gedanklichem Aufwand, hängt schließlich von seiner Motivation ab. (Das soll übrigens nicht heißen, daß Sie den Erwartungen Ihres Lesers entsprechen müßten! Aber wenn Sie damit brechen, dann sollten Sie das bewußt tun, weil Sie damit etwas erreichen wollen – und nicht aus Ignoranz.)
3. Jetzt wissen Sie also, wohin Sie wollen und wer Ihr Leser ist. Damit fängt an, was erst einmal nach nichts klingt, tatsächlich aber harte Arbeit ist: Machen Sie es Ihrem Leser leicht! Das heißt, Sie müssen immer wieder lesen, was Sie schreiben bzw. geschrieben haben. Und dabei sollten Sie sich in die Position Ihres Lesers versetzen: Wie kommt das bei ihm an? Wie muß er verstehen, was Sie ihm vorsetzen? Denn er ist nicht Sie! Er hat nicht Ihren Denkprozeß hinter sich, sondern nur das, was Sie ihm bislang zu lesen gegeben haben – vergessen Sie das nicht! Im Gegensatz zum Denken ist Schreiben linear, das heißt eins kommt nach dem anderen. Wenn Sie also nicht-lineare Zusammenhänge verdeutlichen wollen, müssen Sie das Schritt für Schritt tun. Und bei jedem Schritt müssen Sie sich wieder fragen, was der Leser an dieser Stelle braucht, um Ihren Gedankengängen folgen zu können.
Das gedankliche Hin- und Herspringen zwischen Ihrer Position als Schreiber und seiner als Leser verlangt Konzentration und geistige Beweglichkeit. Holen Sie sich Unterstützung: Lassen Sie andere lesen, was Sie geschrieben haben! Diese Testleser sollten möglichst nicht Ihnen ähneln in Vorwissen und Denkstruktur, sondern Ihrem Leser. Wenn der kein Spezialist ist in Ihrem Fachgebiet, sollte es Ihr Testleser also auch nicht sein. Bitten Sie Freunde um Hilfe, Ihre Kinder, Mitarbeiter aus anderen Abteilungen… Aber wen immer Sie fragen: Das ganze nützt Ihnen nur etwas, wenn die anschließende Kritik ehrlich ist! Sie brauchen also jemanden, der eventuelle Mängel erkennen und benennen kann – und der das Ihnen gegenüber auch tun wird. (Deswegen sind Partner oft nicht die beste Wahl: weil sie nicht verletzen wollen.)
4. Zu den Mängeln, die Sie so ausmerzen wollen, gehören vor allem unnötig lange, komplizierte Sätze. Auch wenn Sie das zunächst vielleicht nicht glauben: Fast alles läßt sich einfach und klar ausdrücken – wenn man genau weiß, was man sagen will. Ebenso einfach ist darum die erste Faustregel, die dabei hilft: Ein Haupt- und ein Nebensatz sind grundsätzlich genug. Wenn ein Satz aus mehr besteht, sollten Sie sich fragen, ob das wirklich sein muß. Manchmal wird das der Fall sein, aber eben nur manchmal. Meist sind Sätze nicht deshalb komplex, weil der Inhalt das auch ist; viel öfter hat der Schreiber die Mühe gescheut, diesen Inhalt einfacher auszudrücken. Sie sollen sich Arbeit machen, damit Ihr Leser weniger hat. Denn Sie sind es doch, der mit dem Text etwas erreichen will!